Reisebericht
 
 
 
 
von Elke Oesterle und Mathias Conze
 
 


 

Einleitung:
Patagonien ist das Synonym für Wind, Weite, Freiheit. Grandiose Natur liegt zwischen dem ewigen Eis der Gletscher, der weiten Steppe und den scharf gezackten Türmen des Fitz Roy Massiv. Karge Pampa trifft plötzlich auf aufstrebende Gletscherriesen. Ein rauhes Stück Erde, wild und unberührt. An vielen Orten scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Einzigartige Naturlandschaften und Tierparadiese gibt es zu entdecken und zu erleben. Einsamkeit und Größe umgeben dieses Land und sein Sternenhimmel wird uns den Atem nehmen. So, oder ähnlich, werden wir von der Literatur eingestimmt. Anfang November machen wir uns auf, in einer kleinen Gruppe von sieben Gleichgesinnten, um das acht größte Land der Erde kennenzulernen. Knapp 15 Stunden Flugzeit (über Madrid) trennen uns von der quirligen Metropole Buenos Aires, die Ausgangs- und Endpunkt unserer Reise sein wird.
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Freitag und Samstag - 5. und 6. November
von Deutschland nach Buenos Aires

Erst einmal liegt eine lange, ungemütliche Nacht vor uns – aber da müssen wir durch! Um 8 Uhr Ortszeit landen wir in Buenos Aires und werden von Alejandro und einem strahlend blauem Himmel empfangen. Fahrt zum Hotel, kurz etwas frisch machen und auf zum ersten Spaziergang durch das Zentrum, bevor wir um 15 Uhr zur ersten Besichtigung aufbrechen. Buenos Aires ist nicht Argentinien, aber Argentinien ist auch Buenos Aires – so schreibt eine Broschüre über seine Metropole. Es ist vielleicht die europäischste Stadt Südamerikas. Die Ausdehnung ist immens, mehr als 200 Quadratkilometer bebaute Fläche. Etwa 4 Mio. Einwohner leben im Zentrum, 10-12 Mio. Menschen leben im Großraum der Stadt, das ist 1/3 der gesamten Bevölkerung. Argentinien erhielt seinen Namen nach dem lat. Wort argentum = Silber.
1536 wurde Buenos Aires durch Pedro Mendoza erstmals gegründet, 1541 jedoch wieder verlassen, um 1580 erneut besiedelt zu werden. 1861 wurde die Stadt Regierungssitz der Republik. Von 1880 bis 1930 zählte Argentinien zu den reichsten Ländern der Erde. Die Spuren dieser Blütezeit findet man noch heute in wundervollen Prachtbauten. Es gibt breite, großzügige Avenidas, ganz viel Grün und viele Parkanlagen. Wundervoll leuchten die blühenden Jacarandas.
Argentinien ist ein Einwanderungsland mit heute ca. 37 Mio. Einwohnern. Jede Bevölkerungsgruppe hat ihre Sitten und Gebräuche mitgebracht und beibehalten. Demzufolge findet man auch Synagogen, Moscheen und christliche Kirchen.
Wir besuchen das berühmte Theatro Colon, ein wunderschönes Bauwerk mit gewaltigen Ausmaßen und einer eben solchen Innenausstattung. Der Bau wurde 1908 eröffnet und zeigt ein Stilgemisch aus ital. Renaissance und franz. Empire. Das Theater bietet 3.500 Besuchern Platz. Wir besichtigen das Foyer, den Zuschauerraum, die unzähligen Werkstätten und den riesigen Ausstattungsfundus. Cappuccino-time und danach gemeinsames Abendessen im Steakhouse mit gegrilltem Käse und unserem ersten argentinischen Steak. Tod müde kehren wir heim und hoffen auf einen erholsamen Schlaf.
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Sonntag - 7. November
Buenos Aires

Aufbruch zur Stadtrundfahrt bereits um 8:30 Uhr. Bei diesem traumhaften Wetter fällt das auch gar nicht schwer. Wir beginnen am Plaza del Mayo, dem eigentlichen Zentrum der Stadt, mit dem Denkmal des Freiheitskämpfers Manuel Belgrano, der Casa Rosada, (Sitz des Präsidenten), Kathedrale, Rathaus, Nationalbank. Die Casa Rosada trägt ihren Namen nach der Farbe des Gebäudes. Der damalige Präsident wollte das Rot und das Weiß, die Farben der verfeindeten Bürgerkriegsparteien, mischen und da durch miteinander verbinden. Um den Platz laufen heute noch jeden Donnerstag um 17 Uhr die alten Frauen, um an ihre, während der Regierung Peron entführten und verschwundenen Männer und Söhne zu erinnern.
Der Bus bringt uns nach San Telmo, dem alten, ursprünglichen Teil der Stadt. Hier findet jeden Samstag ein Flohmarkt statt. Es folgt La Boca, ein ärmeres Stadtviertel, in dem die Bewohner aus Wellblech, Holz und Pappe ihre Häuser zusammenbauten und mit Resten von Schiffslack grell bunt angestrichen haben. Ein buntes und lebensfrohes Treiben überall und natürlich Tangomusik aus allen Ecken. Das Gegenstück zu Telmo und la Boca ist Recoleta mit vielen eleganten Geschäftshäusern und eher gut verdienenden Anwohnern. Wir beenden die Tour mit einem Besuch des „Reichenfriedhofs“ Cementerio de la Recoleta, in dem sich Mausoleen aus Marmor befinden und wo Evita Peron im Familiengrab der Duarte beigesetzt ist.
Nun, aber schnell zurück zum Hotel, denn Alejandro hatte es tatsächlich noch geschafft, Eintrittskarten für das Fußball Lokalderby River Plate gegen Boca Junior zu besorgen. Rasch neue Filme einstecken und dann wartet auch schon das Taxi – wir müssen los. Gegen 14 Uhr erreichen wir (Norbert und Mathias) das noch leere, aber ausverkaufte River Plate Stadium. Doch das Stadium füllt sich schnell und um 16 Uhr ist Anpfiff, die Stimmung ist riesig und auch uns hält es nicht lange auf den Sitzen. Umgeben von aufspringenden, schreienden, singenden, jubelnden und pfeifenden River Plate Fans werden wir mitgerissen und genießen die einzigartige Stimmung. Am Ende gewinnt River Plate 2 : 0 was für ein Erlebnis.
Doch schon wieder müssen wir hetzen, denn am Abend besuchen wir eine Tangoshow. Im Hotel angekommen sehen wir nur noch unseren Bus von hinten, das Abendessen muß warten, kurz umziehen, frisch machen und ab mit dem Taxi unserem Bus hinterher. Um 19:58 setzt uns das Taxi ab – geschafft, entspannt bei einem Glas Wein genießen wir die Show.
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Montag – 8. November
von Buenos Aires nach Ushuaia, Feuerland

3:15 Uhr, erbarmungslos werden wir geweckt – doch selbst um diese Zeit ist ein kleines Frühstück drin, das ist super und macht uns endgültig munter. Abschied von Alejandro und take off mit Aerolineas Argentinas um 5:30 Uhr. Nach 3,5 Std. Flugzeit sind wir in Ushuaia (Bucht die nach Osten sieht) angekommen.
Hier werden wir von Silvia erwartet, die uns zum schönen Hotel Tolkeyen bringt, in wundervoller Lage am Beagle Kanal. Es ist sehr windig und kühl und ab und zu schaut die Sonne durch den bedeckten Himmel. Wir blicken auf Wiesen und Wasser und sind von den schneebedeckten Bergen (ca. 1500 m) Chiles und Feuerlands umgeben.
Ushuaia liegt auf dem 55. Breitengrad und ist die südlichste Stadt der Welt, beinahe land’s end! Bis zum Südpol sind es allerdings noch 1.000 km. Die Südspitze Feuerlands liegt 3.500 Kilometer südlicher als das Kap der guten Hoffnung und immerhin noch 1.500 km südlicher als Neuseeland.
Nach dem Check In und einer kurzen Besichtigung der Hotelanlage fahren wir mit dem Shuttlebus, des außerhalb von Ushuaia liegenden Hotel Tolkeyen, in die Stadt. Das Zentrum von Ushuaia bilden der Hafen und die da zu parallel laufende Avenida San Martin. Wir wandern zu dem gegenüber liegenden Ufer der Bahia de Ushuaia und haben einen schönen Blick auf die Stadt.
Um 15 Uhr stechen wir mit dem Katamaran in See. It’s a bit stormy und so haben wir einen ordentlichen Wellengang. Vorbei an kleinen Inseln mit Königskormorane und Seelöwen erreichen wir den einsamen Leuchtturm Les Ecleraies, das Wahrzeichen der Region. Dazwischen tummeln sich Sturmvögel, Albatrosse, Möwen aller Art und Kormorane. Dicke, faule Seelöwen lassen sich nicht aus ihrer Ruhe aufschrecken und räkeln sich faul in der Sonne. Zerzaust und etwas durch gefroren kehren wir nach Ushuaia zurück, der Wind hat sich gelegt und die Sonne lacht, wir kehren ein in eine Chocolaterie und wärmen uns mit einer heißen Schokolade bevor wir zum Abendessen in ein lokales Restaurant wechseln, in dem wir die Spezialität des Ortes probieren – King Crab (Königskrabben).
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Dienstag – 9. November
Ushuaia, Feuerland

Heute besuchen wir den Nationalpark – Tierra del Fuego. Er wurde 1960 gegründet und erstreckt sich über eine Fläche von 63.000 ha. Eine faszinierende Landschaft tut sich auf – leuchtende Seen, schroffe Klippen, Hochmoore, dichte Wälder, stille Buchten. Immer wieder unterbrechen wir die Fahrt mit kleinen Wanderungen und betrachten die Vegetation, verschiedene Buchenarten, das Brot der Indianer (durch Pilz entstehende Früchte), wilde Erdbeeren, Johannisbeerbäume, den Busch Calafate mit seinen kleinen orangen Blüten, Zimtbaum, Gänseblümchen und Mengen von Löwenzahn, die wundervoll goldgelb in der Sonne leuchten. Kaninchen, Magellan-Gänse, Dampferenten, überdimensionale Ibisse und viele Vogelarten haben ihre Heimat im Park. Danach stehen wir am gewaltigen Staudamm der Biber (eingewandert), die sich im Park stark vermehrten und große Schäden anrichten. Zum Abschluß haben wir schon wieder ein „Ende“. An der Bahia Lapataia endet die Routa Tres, die argent. Staatsstraße. In dieser großartigen Landschaft konnte die Seele baumeln und da zu schenkte uns Petrus einen wundervollen Frühlingstag. Nachmittags machen wir uns noch einmal auf den Weg und genießen am Strand entlang das „Ende-der-Welt-Gefühl“, beobachten Möwen, Enten, Gänsen und Austernfischer am Beagle Kanal, bevor wir noch einmal in die Stadt fahren auf der Suche nach einigen Souvenirs. Abendessen im Hotel, natürlich Königskrabbe und danach feiern Ost und West den 9. November. Zum Abschluß bewundern wir den einzigartigen Sternenhimmel und finden das Kreuz des Südens.
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Mittwoch – 10. November
von Ushuaia nach El Calafate

Heute sind wir „mutterlos“! Das Taxi bringt uns zur Talstation des Sessellifts, wo wir nach einer Viertelstunde Auffahrt mit einer schönen Wanderung beginnen. Wundervolle Ausblicke auf die Schneefelder, den Beagle Kanal mit vielen kleinen Inselchen und Ushuaia tun sich auf. Neben dem gurgelnden Bach steigen wir empor, klettern über Stege und kleine Schneefelder. Es geht steil aufwärts und nach ca. 1 ¼ Std. stehen wir am Ende des Steigs. Vor uns steile Schneehänge, die wir zu Fuß nicht mehr überwinden können. Weiß der Geier, wo hier ein Gletscher zu finden sein soll. Wir brechen ab und bewundern den grandiosen Rundblick, das traumhaft schöne Farbspiel und die gewaltigen Formationen. Der Rotwein bleibt allerdings im Rucksack, zuerst muß der Abstieg sicher bewältigt werden. Bei der urigen Berghütte treffen wir einen Chimango (Greifvogel) und schweben anschließend mit dem Sessellift wieder sanft zu Tal. Mit dem Taxi kehren wir heim.
Entspannt sitzen wir vor dem Hotel am Beagle Kanal und lassen uns jetzt den Rotwein munden. Eine Blutschnabelmöwe kommt vorbei und beäugt uns neugierig. Wir nehmen in Gedanken Abschied von diesem friedlichen Ort, an dem wir bei wunderschönem Wetter drei herrliche Tage verbringen durften.
Um 19 Uhr nehmen wir Abschied von Silvia, die mit ihrem fröhlichen Kauderwelsch eine lustige Begleiterin war. Take off nach El Calafate. Die Estancia Huyliche heißt uns willkommen. Von dort haben wir einen schönen Blick auf den Lago Argentino.
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Donnerstag – 11. November
El Calafate – Tagestour zum Perito Moreno Glaciar

Heute lernen wir Gabi kennen und nehmen Kurs auf den Los Glaciares NP. Er wurde 1937 gegründet und hat eine Fläche von 600.000 ha. Er ist das argentinische Gegenstück zum Torres del Paines Park Chiles. Die Höhepunkte des Parks sind einerseits die Gletscher und auf der anderen Seite das Fitz Roy Massiv. Die Gletscher werden aus dem Patagonischen Eisfeld gespeist, das sich von Fitz Roy im Norden bis zum Torres del Paines im Süden zieht und auf 1500 Metern Höhe liegt. Es ist nach den beiden Polen das größte Eisfeld der Welt, Länge ca. 300 km, Breite 40 – 70 km, Gesamtfläche 17.200 qkm. Senor Moreno wollte die Grenzen zu Chile vermessen und hat dabei eher zufällig den Perito Moreno Gletscher entdeckt. Von der Gletscherzunge (40-60 m hoch) stürzen jeden Tag ca. 970.000 t Eis in den Canal de los Tempanos der im Lago Argentino mündet. Der Moreno Gletscher ist 35 km lang und reicht bis zum Grund des Kanals. Er schiebt sich täglich weiter nach vorne. Dadurch verliert die Front das Gleichgewicht und es kommt zu Abbrüchen – der Gletscher kalbt.
Wir wandern am Kanal entlang. Endlich haben wir den ersten Blick auf die rechte Seite des Gletschers. Ein kleines Boot nähert sich der Gletscherwand und erst jetzt werden die Größenverhältnisse deutlich. Wahnsinn! Ständig kracht und ächzt es und wie von einem magischen Ruf angezogen laufen wir weiter auf einem schmalen Weg, vorbei an prächtigen Feuerbüschen, dem frühlingshaften Grün der Südbuchen und über vom Eis geformte Felsflächen. An einem Aussichtspunkt verharren wir. Das Eis ächzt und knackt, es bröselt. Dann folgt ein Knall und plötzlich gibt ein kleiner Teil der Front nach und bricht ab.
Man kann die Zeit vergessen und wünscht sich immer noch größere Brocken die ins Wasser stürzen. Wir laufen weiter aufwärts. Noch einmal bewundern wir von den Besucherterrassen die Gletschernase die bis auf unser Ufer hinüberreicht, bevor es Zeit für die Schifffahrt wird. Diesmal geht es auf die linke Gletscherseite, die wir bisher gar nicht einsehen konnten. Langsam bringt uns das Boot näher und plötzlich spüren wir sie – die eisige Kälte der Gletscherfront schlägt uns ins Gesicht. In einem respektvollem Abstand fahren wir die Wand ab und erneut ächzt und knackt es, ein riesiges Eisstück bricht ab und donnert ins Wasser, eine große Welle bildet sich, was für ein Spektakel, wir schreien vor Begeisterung und können unser Glück kaum fassen, dieses großartigen Naturschauspiel erleben zu dürfen. Glücklich kehren wir auf die Estancia zurück.
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Freitag – 12. November
El Calafate – Tagestour zum Upsala Glaciar

Der Upsala Gletscher ist nach der Stadt und Universität in Schweden benannt, da ein Professor dort Forschungsarbeit betrieb. In 20 Jahren ist er um 5 km geschrumpft. Die Gletscherzunge schwimmt auf dem Brazo Upsala (einem Seitenarm vom Lago Argentino). Durch die Bewegungen des Wassers und des Gletschers bricht ca. alle 3 Wochen ein riesiger Eisberg ab von dem nur etwa 10-15 % aus dem Wasser ragt. Der Upsala Gletscher kalbt also nicht ständig wie der Perito Moreno Gletscher. Der Upsala Gletscher ist mit 60 km Länge der größte Gletscher der vom Patagonischen Eisfeld gespeist wird, seine Zunge ist 4,5 km breit und er hat eine Fläche von 565 qkm. Gletscher entstehen, wenn über das Jahr mehr Schnee fällt, als im Sommer abtaut.
Der Lago Argentino ist der zweitgrößte See Argentiniens. Er ist an der weitesten Stelle 20 km breit und an der Schmalsten 500 m eng. Er ist 100 km lang, hat 1560 qkm Wasser-fläche und ist an der tiefsten Stelle bis 700 m tief, im Durchschnitt 300 m.
Von Puerto Bandera stechen wir mit dem Katamaran in See. Der Kapitän bringt sein Schiff durch die vielen verzweigten Arme des Lago Argentino zuerst zum Spegazzini Glaciar. Voller Begeisterung stehen wir an der Reling und können uns gar nicht satt sehen. In der Mittagszeit ankern wir in der Bucht Onelli und spazieren durch einen Südbuchenwald bei schönstem Sonnenschein zur Laguna Onelli, in die sich drei Gletscher ergießen und auf der unzählige Eisfragmente schwimmen. Wir genießen diese überraschend schöne Kulisse bevor wir nach ca. zwei Stunden wieder ablegen, um durch den Eisbergkanal den Upsala Gletscher anzusteuern. Riesige Brocken in leuchtendem Blau treiben auf dem See. Die Fantasie entdeckt immer wieder neue Formen und Farben. Je älter das Eis ist, desto dichter ist es gepreßt und leuchtet in tiefem Blau. Vom vielen Schauen auf Deck, sind wir selber zu Eisklumpen erstarrt und erleben das Ende der Fahrt aus dem Schiffsinneren. Ein überaus spektakulärer Tag geht zu Ende. Müde und voller Eindrücke kehren wir heim und lernen Alfredo und Harry kennen.
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Samstag – 13. November
von El Calafate nach El Chalten (Fitz Roy Massiv)

Regen! So etwas kennen wir bisher ja überhaupt noch nicht! Welch unvorstellbares Glück hatten wir also in Ushuaia und auf unseren Gletschertouren. Heute trifft es uns nicht so sehr, denn wir haben eine lange Fahrstrecke vor uns. Zwar sind es nur ca. 230 km bis El Chalten, aber durch die unbefestigte Piste werden wir wohl fünf Stunden unterwegs sein. Wir durchqueren die Steppe, die doch absolut auch ihre Schönheit hat, mit blühenden Kugelbüschen und Wind zerzaustem, goldenen Gras. Heute sind wir mit Alfredo und Harry unterwegs, dem Team, das uns die nächsten 10 Tage begleiten wird.
Von Alfredo lernen wir zuerst einmal das Grundbedürfnis aller Argentinier kennen. What time? - Mate-time! Im fahrenden Bus zelebriert er die Zubereitung (Trinkröhrchen mit eingebautem Teefilter und Matebecher aus Kürbis, Leder oder Metall). Danach dürfen wir alle kosten. Unsere Begeisterung hält sich noch in Grenzen, da er recht bitter ist. Beim Hotel La Leona machen wir eine kurze Pause und lassen uns ein Stück selbstgebackenen Kuchen schmecken.
Nun nutzen wir die Zeit, um ein wenig zu lernen. Argentinien mißt von Nord nach Süd etwa 4.000 km. Würde man seine Ausmaße auf die nördliche Halbkugelübertragen, reicht es von Kopenhagen bis zur Südgrenze Ägyptens. Es hat 23 Provinzen (Buenos Aires ist Stadt und Provinz). Sein Geld erwirtschaftet es mit Erdöl, Agrarland, Rinder-, Schafzucht, Wein, Zitrusfrüchte, Zuckerrohr, Tee und Mate. Entlang des Atlantiks gibt es auch Fischindustrie. Der Tourismus ist sehr aufstrebend.
Patagonien (großer Fuß) setzt sich aus 5 Provinzen zusammen. Es beginnt südlich des Colorado. Wir sind auf der Routa 40 auf dem Weg nach Norden, zum Lago Viedma. Immer wieder gibt es kurze Fotostops. Dabei bewundern wir die vielen Frühlingsblumen der Pampa, gelbe Pantoffelblumen, blaue Wicken, Sauerampfer in rot, gelbe Paramelabüsche, kleine Sternchen in gelb, rosa und weiß. Alle im Miniformat, um den rauhen Stürmen Patagoniens trotzen zu können.
Am Nachmittag erreichen wir El Chalten am Fuße des Fitz Roy Massiv in einem schönen Tal gelegen, aber leider bei stark bewölktem Himmel. Wir spazieren durch den kleinen Ort, kaufen etwas Verpflegung und hoffen auf ein Wolkenloch um einen Blick auf die Hauptattraktion dieser Gegend zu werfen. Und tatsächlich einmal schaut der Fitz Roy durch die dichte Wolkendecke, keine sehr guten Vorraussetzungen für unsere morgige Wanderung. Das Abendessen im Fitz Roy Inn sorgt erst einmal für Tohuwabohu. Fluchtartig verlassen wir das Restaurant, um uns gegenüber die „Hammerportion“ Lamm vom Grill schmecken zu lassen.
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Sonntag – 14. November
El Chalten – Wanderung zur Laguna Torre

5:15 Uhr der Wecker klingelt erbarmungslos, aufstehen oder weiterschlafen ? Wir entscheiden uns fürs Aufstehen denn Alfredo hatte davon geschwärmt wie toll das Fitz Roy Massiv bei Sonnenaufgang zu leuchten beginnt. Also rein in die Klamotten und 20 Minuten Fußmarsch zum Ortseingang. Tief hängen die Wolken und nur selten zeigt sich das Massiv, über dem Lago Viedma ist kein Sonnenstrahl zu entdecken. Enttäuscht kehren wir ins Hotel zurück. Das Frühstück etwas später ermutigt auch niemanden, es gibt nur Kaffee, zerfallenes Weißbrot und etwas Butter.
Um 8:30 Uhr brechen wir zur Laguna am Fuße des Cerro Torre auf und lernen Leonardo kennen, unseren einheimischen Bergführer. Oberhalb des Rio Fitz Roy wandern wir stramm aufwärts. Steile Felswände rahmen das weite Tal ein. Über Wurzeln und Steine folgen wir dem Pfad. Abgestorbene Bäume recken ihre bizarren weißen Arme in den Himmel. Immer wieder gibt es schöne Ausblicke zu bewundern. Dann und wann blitzt eine der wild gezackten Bergspitzen durch die Bäume und die Wolkenwand. Überall finden wir die zierlichen Frühlingsblumen. Sogar ein ganzes Büschel gelber Orchideen wächst im Verborgenen.
Nach 4,5 Stunden inkl. der unzähligen Fotostopps, erreichen wir die Laguna, auf derem gletschergrünen Wasser kleine Eisberge treiben. Es ist Picknick und natürlich Mate-Time und so gestärkt, kehren die Kräfte schnell zurück. Immer mal wieder beginnt es zu tröpfeln, aber immer auch wieder hört es schnell wieder auf. Wir beobachten die schönen Magellan-Spechte die sich durch unsere Anwesenheit kaum stören lassen. Nach 8,5 Stunden kehren wir müde, aber zufrieden von unserer "kleinen bis mittelschweren“ Wanderung zurück. Nach einem heißen Bad, essen wir in einem kleinen Restaurant am Rande von El Chalten, bei einem sehr guten Koch aus Buenos Aires und der gute Rotwein sorgt für die nötige Bettschwere.
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Montag – 15. November
El Chalten – Wanderung zur Laguna De Los Tres

5:15 Uhr aufstehen ? Nein Danke, zu düster war der Himmel am gestrigen Abend. Wir freuen uns schon auf unser Luxusfrühstück, denn diesmal sind wir vorbereitet und hatten uns am Vorabend ein großes Stück Schokoladentorte gekauft. Noch ist der Himmel ziemlich grau, aber gegen 9 Uhr brechen Leonardo, Alfredo, Lothar, Elke und Mathias auf. Heute soll uns die Wanderung zum Fuße des Fitz Roy führen (benannt nach Robert Fitz Roy, dem Kapitän des Forschungsschiffs Beagle, mit dem Charles Darwin 1831-36 seine Weltreise machte).
Der steile Anstieg wird gut bewältigt. Fotostop mit weitem Blick in das Tal und auf den Rio Blanco. Wir lernen den Mata Guanaco kennen, eine Feuerzunge mit kleinen Blüten in allen Rotnuancen. Mit Vogelgezwitscher wandern wir weiter über ein Hochplateau, durch einen Märchenwald mit umgestürzten Bäumen, Moos behangenden Stämmen, skurril geformten Ästen. Im ständigen Auf und Ab kommen wir gut voran. Balancieren über Stege und Balken, klettern über Wurzeln, Steine und Stämme. Vorbei an der Laguna Capri kommen wir über den „Pferdepfad“ zum schönen Wasserfall und beobachten die schöne Ente (Pato de Torrente). Immer wieder geht der Blick hoffnungsvoll zum gewaltigen Massiv. Dann und wann blitzen die zerklüfteten, wilden Spitzen des Fitz Roy durch die Wolken. Dann beginnt es zu nieseln und die Hoffnung schwindet ! Nach 4 Stunden inklusive der ausführlichen Fotostops, erreichen wir das Basislager und kehren in die Schutzhütte zum Picknick ein.
Auf einmal reißt der Himmel auf und gibt verheißungsvolle Blicke in die Bergwelt frei. Da gibt es nun kein Halten mehr ! Leonardo setzt mit Lothar und Mathias zum Endspurt, zur Laguna De Los Tres, an. Es ist ein hartes, sehr steiles Stück mit einem schwierigen Abstieg. Nach 2/3 des Weges will Mathias fast aufgeben doch Lothar ermutigt mich weiter zu gehen. Endlich erreichen wir das hügelige Plateau und haben einen fantastischen Blick auf die schneebedeckte Lagune und das Fitz Roy Massiv. Vergessen sind alle Strapazen. Der Himmel reißt immer mal wieder etwas mehr auf und so können wir den majestätisch, sehr steil aufragenden Fitz Roy bewundern.
Was für ein Glück wir doch haben, das sich das Wetter so sehr besserte. Von der etwas seitlich gelegenen Laguna Sucia haben wir einen atemberaubenden Blick über das Tal bis zum Lago Viedma. Wir beginnen nach ca. 90 Minuten den Abstieg, und wandern auf schmalem Pfad durch den märchenhaft geformten Südbuchenwald, entlang des Rio Blanco. Der Himmel klart immer mehr auf und immer wieder können wir den Gipfel des Fitz Roy sehen. Kurz vor der Estancia Bonanza treffen wir noch einige Loro`s (Sittiche) bevor wir glücklich im Sonnenschein bei der Estancia rasten.
Auf der Rückfahrt mit dem Bus nach El Chalten, müssen wir noch einmal halten, um den atemberaubenden Anblick des Fitz Roy zu genießen, bevor wir uns hungrig auf das Abendessen stürzen. Ein bewegend schöner, aber auch anstrengender Tag geht zu Ende.
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Dienstag – 16. November
von El Chalten nach Lagos del Furioso

5:15 Uhr optimistisch stehen wir ohne zu Zögern auf, ein Blick nach draußen offenbart einen klaren Himmel, nichts wie in die Klamotten und los, der Himmel schimmert bereits rötlich, sollte es etwa schon zu spät sein ? Hastig eilen wir vor die Tore der Stadt und das gesamte Fitz Roy Massiv erscheint bereits rötlich.
Kurz vor 6 Uhr ist es dann soweit, die Sonnenstrahlen schießen über den Lago Viedma unter einigen Wolken hindurch und bringen das Massiv zum Glühen. Was für ein spektakulärer Anblick. Nach 1 bis 2 Minuten ist es vorbei und die Schatten einiger Wolken dunkeln das Bergmassiv wieder ab. Tief beeindruckt schlendern wir zurück zum Hotel, dies war erneut ein Erlebnis was wohl keiner so schnell vergessen wird.
Heute liegt ein ganz langer Reisetag vor uns. Das Ziel wird die kleine Hosteria Lagos del Furioso sein, zwischen den beiden Seen Pueyrredon und Posadas gelegen, ganz nahe der chilenischen Grenze. Letzter Fotostop in El Chalten. Zum letzten mal können wir den Fitz Roy in seiner ganzen Pracht bewundern und auf dem Foto festhalten. Nix los? Dann ist natürlich Mate-Time.
Es geht entlang des Lago Viedma, auf der Routa 40, an der fleißig gearbeitet wird, um sie zur Asphaltstraße herzurichten. Vorbei an kleinen Tümpeln mit Vögeln, Gänsen und Flamingos. Schon am Morgen sind Nandus, Guanacos, und ein Fuchs on tour. In Patagonien gibt es viele Tafelberge, da dieser Landstrich vor vielen Mio. Jahren überschwemmt war. Die Straße, oder besser gesagt Piste ist ziemlich ausgefahren, denn es hat vor kurzer Zeit heftig geregnet. Harry muß Schwerstarbeit leisten und wir drohen seekrank zu werden, da der Bus heftig schlingert. Und dann gibt es auch noch Gegenverkehr! Ein Auto in vielen Stunden. Der Himmel ist blau-weiß, so wie die argentinische Flagge. Zum zweiten Mal sehen wir eine Fatahmorgana, ein See oder ist es eher ein Gletscher, mitten auf der Fahrbahn. Vorbei an der Polizeistation der 1.000 Sterne und ein „Bathroomangebot“ in einem Privathaus. Das wäre bei uns kaum vorstellbar. Die Einsamkeit des Landes, läßt die Leute enger zusammenrücken. Die abgelegenen Estancias sind Selbstversorger. Wasser aus dem Brunnen, Strom aus dem Generator. Immer wieder Schafe rechts und links der Piste. Gleich ist es 19 Uhr und wir haben immer noch 100 km Sandpiste vor uns. Auf abenteuerlicher Straße und streckenweise durch eine Mondlandschaft erreichen wir gegen 20:45 Uhr die Lodge Lagos del Furioso, auf einer Landzunge gelegen, zwischen den Seen. Nach der „Jugendherberge“ ein riesiger Grund zur Freude! Hier erwartet uns ein Wohlfühlambiente.
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Mittwoch – 17. November
Lagos del Furioso

Schon das Frühstück ist heute wieder einmal ein Genuss und der wolkenlose Himmel verspricht einen wundervollen Tag. Wir klettern zum Mirador (kleiner Aussichtspavillon) empor, um den einmalig schönen Ausblick zu bewundern. Das unterschiedliche Farbspiel der beiden Seen in türkis und blau ist einfach grandios. Im Hintergrund leuchten die schneebedeckten Berge Chiles.
Über den Rio Oro schraubt sich der Bus auf steilen Wegen und Kurven den Berg empor. Immer wieder springen wir nach draußen, klettern die Hänge empor, um die wundervollen Ausblicke mit der Kamera festzuhalten. Kugelrunde Büsche in gelb und grün und eine nicht erwartete Blumenpracht lassen den Frühling in Patagonien zu einem herrlichen Erlebnis werden. In der Ferne ragt die schwarze Granitspitze des San Lorenzo (3.706m) über den Schneegipfeln auf. Auf ihm verläuft die Landesgrenze. Dann klettern wir zum Fluß hinab, der sich schäumend durch die gewaltigen Steinquader der Schlucht zwängt. Über dem Berg kreist majestätisch ein Kondor. Es ist immer wieder eine Freude, diesen eleganten Fliegern zuzuschauen.
Am Nachmittag fahren wir über die Landzunge auf die andere Seite der Seen. Wir wandern durch ein ausgetrocknetes Flussbett und erreichen eine ausgetrocknete Lagune, bevor wir durch eine Höhle klettern an dessen Ausgang wir die ersten, sehr gut erhaltenen Handmalereien bewundern. Zum Schluss, halten wir noch kurz auf der Landzunge und beobachten einige Schwarzhalsschwäne. Zurück in der Lodge, entscheidet sich Mathias für ein Bad, im kalten klaren Wasser des Lago Pueyrredon vor den schneebedeckten Bergen. Auf dem Rückweg zur Lodge, haben wir nochmals Glück, ein Gürteltier kommt uns direkt entgegen.
Dies ist ein wundervoller Platz, voller Stille, Schönheit und voll Frieden, an dem man wirklich gerne verweilen mag.
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Donnerstag – 18. November
von Lagos del Furioso nach Los Antiguos

Nun müssen wir Abschied nehmen. 290 km Fahrstrecke warten auf uns bis zum Lago Buenos Aires, dem zweitgrößten See Südamerikas (nach dem Titicaca See) und dem größten See Argentiniens. Besichtigungsstopp am Indianerberg, um die Felsmalereien zu betrachten. Der Granit ist völlig glatt geschliffen und sieht an einigen Stellen aus, als wäre er mit Keramik belegt. In den Querspalten haben sich Sand und kleine Steine eingelagert. Dies ist der Beweis, daß das Tal früher von einem Gletscher bedeckt war, dessen Moränen sich dort eingelagert haben. Die weißen Kotspuren verraten die Horste der Greifvögel. Ein Adler schwebt in der Luft. Die gespaltenen Knochenstücke, die man immer noch findet, erzählen davon, daß ihr Mark entnommen wurde, um Farbe für die Bemalung herzustellen.
Großeinkauf im Supermarkt für das Picknick und danach natürlich Mate-Time. Harry drückt ordentlich auf die Tube, denn gleich ist schon wieder Mittagszeit und wir haben noch nicht viel Strecke gemacht. Eine ganze Horde winziger Nandus rennt über die Straße. Die sehen richtig niedlich aus. Dann ist alles wie gehabt, Schafe auf der Flucht, Guanacos, Nandus usw.. Vorbei am schwarzen Tafelberg, einem ehemaligen Versammlungsplatz der Indianer, fahren wir nach Norden.
Immer noch stehen seenartige Pfützen auf der Straße. Bald erreichen wir das Canyonland und stehen am Canyon des Rio Pinturas, zu denen die Cuevas de las Manos gehören. Senkrechte Felswände steigen auf. Am Fluß ist es frühlingsfrisch grün. Die Indianer, einst Jäger und Sammler, lebten vor etwa 11.000 Jahren im Sommer am Fluß und benutzten die Höhlen als Winterquartier. Die Decke ist Rauch geschwärzt, der Fels gespalten und weist rechts und links unterschiedliche Oberflächen auf. Daher ist überwiegend die linke Seite bemalt.
Die Zeichnungen entstanden vor ca. 11.000 Jahren bis zu der Epoche vor 2.500 Jahren. Die Farben sind rot (älteste Malerei), schwarz und weiß. Wir sehen viele linke Hände (839 linke, 31 rechte) negativ aufgebracht, da die Farbe mit einem Blasrohr aus Knochen aufgetragen wurde. Sie wurde aus Wasser und zerstoßenen Mineralien hergestellt. Es gibt unterschiedliche Erklärungen für das Motiv Hände, man vermutet einerseits, sie sollen den Kontakt zur Erde und die Dankbarkeit für das Sein verdeutlichen – die zweite Theorie ist Teil eines geheimnisvollen Heilungsrituals. Neben den Händen finden wir viele Tiere, Spuren, Menschen bei der Jagd. Seit 1999 gelten die Höhlen als Weltkulturerbe. Heil und gesund kehren wir zum Bus zurück, denn - the Puma was watching us – zumindest haben wir seine Losung gefunden.
Der Himmel zieht sich immer dichter zu und dunkelgraue Wolken hängen über der patagonischen Steppe. Doch ab und zu beginnt die Ebene, durch die untergehende Sonne, zu leuchten.
Noch immer haben wir einige Stunden Fahrzeit vor uns. Es gibt einen unterschiedlichen Wissensstand über das Abendessen, doch Alfredo hat die Sache voll im Griff und organisiert ein eher uriges Mahl in Perito Moreno.
Hundemüde treffen wir endlich um 23 Uhr im Hotel ein. Welch wunderschöner Platz das ist, stellen wir erst am nächsten Morgen bei Sonnenaufgang fest.
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Freitag – 19. November
von Los Antiguos nach Comodoro Rivadavia

Heute geht die Reise nach Nordosten, nach Comodore Rivadavia, die größte Stadt des südl. Patagoniens, in der großen Bucht des Golfo Nuevo gelegen. Zuvor gibt es eine kleine Stadtrundfahrt in Los Antiguos. Hier gibt es Kirschbaumplantagen. Vor uns liegt wieder ganz nahe die chil. Grenze. Vor dem Aufbruch muß noch der Besuch in der Apotheke sein, die Erkältung wütet in unseren Reihen.
Chile wollte den Grenzverlauf zu Argentinien über die Wasserläufe festlegen lassen, aber Argentinien zog die Berspitzen vor. Senor Perito Moreno leitete das Flußbett des Fenix um, um zu beweisen, daß Flußläufe sich verändern können. Dafür bekam er von seiner Regierung Land zugesprochen, welches er aber Argentinien schenkte.
Wir erreichen Rio Mayo, das einen eigenen Flughafen besitzt und Militärstützpunkt ist. Argentinien setzt leider nicht auf Windkraftanlagen, da es genügendÖlvorkommen hat. In Argentinien ist Wahlpflicht. Wer mehr als 400 Kilometer von einem Wahlplatz entfernt wohnt, muß nicht wählen, sich dies aber von der Polizei bestätigen lassen. Um Präsident zu werden, muß der Kandidat 45 % der Stimmen auf sich vereinen und 10 % mehr als der Nachfolgekandidat erreichen.
Ansonsten gibt es eine Stichwahl. Nun haben wir schon wieder allerhand gelernt und schwenken zur Mittagspause am Fluß ein, an dessen Ufer typische vom Wind geformte Weiden stehen. Danach kommen wir am Gauchito Gil vorbei, dem bayrischen Materlplatz für Hoffnung und Dank.
Erneut verändert sich das Landschaftsbild, es tauchen wieder mehr Hügel auf. Nun kommen wir nach Sarmiento und wollen das Mondtal besuchen. Vor etwa 70 Mio. Jahren wurden durch Vulkanausbrüche oder Erdbeben entwurzelte Bäume durch einen Fluß angeschwemmt. Im Laufe der Zeit wurden sie von Sand überlagert, der Sauerstoff wurde entzogen und Mineralien und Salze lagerten sich ein. So versteinerten die Holzfragmente, die teilweise bis zu 100 m lange Stämme gewesen sein sollen. Man findet ebenfalls versteinerte Blätter, Früchte und Samen. Wir wandern durch die kahle Hügellandschaft und betrachten ehrfürchtig das Werk der Natur. Ein kleines Museum zeigt dazu noch alte Fotos, Landkarten und versteinerte Schätze.
Etwa 100 Kilometer vor Comodore beginnen die Ölfelder. Das geförderte Öl fließt in eine Pipeline und wird zu den Raffinerien im Norden geleitet. 1907 wurde das erste Öl entdeckt. Um 20:45 Uhr erreichen wir das Hotel. Nach der Weite und der Stille Patagoniens ist der Trubel und die Menschenmassen ein ziemlicher Schock für uns. Am „All You Can Eat Buffet“ stürzen wir uns auf die vielen frischen Salate und Früchte, die wir doch bisher recht vermißt hatten.
Und dann heißt es auch noch Harry zu verabschieden, der uns ein umsichtiger Fahrer und ein fröhlicher Begleiter war.
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Samstag – 20. November
von Comodoro Rivadavia nach Puerto Madryn

Noch einmal gilt es eine große Fahrstrecke zu bewältigen, aber hier hauen wir gerne ab. Ohne Harry ist halt nichts mehr wie es bisher war! Der neue Bus hat Probleme und kehrt gleich wieder um. Dabei sind wir extra so früh aufgestanden. Wir verlieren zwei Stunden, doch was hilft es, wir bleiben gelassen. Roswita wird ab sofort als zusätzlicher Guide über Land und Leute berichten. Bariloche und Cordoba sind die letzten Orte für Schulen mit Deutschunterricht und deutsche Clubs. Weiter gegen Süden kann man kein Deutsch mehr lernen. Die Gegend ist hier sehr flach und daher sehr windig, dazu ist es öd und karg. Auf der Nationalstraße 3 rasen wir nach Norden, doch das Pech bleibt uns treu. Nach knapp 200 Kilometern ist das Kugellager der Radaufhängung im Eimer. Wir können nicht weiterfahren, ein neuer Bus muß her. Telefonate hin und her – zum Glück schafften wir es noch bis zu einer Tankstelle – und dann heißt es wieder warten. Drei Stunden sind angesetzt, aber schaun wir mal, was daraus werden wird. Mit schlafen, lesen, schreiben, Zahlen raten, Vögel und Hunde füttern oder selber futtern schlagen wir die Zeit tot. Der Bus ist wahrhaftig nach drei Stunden da. Aufbruch und neuer Versuch um 15 Uhr.
Noch einmal geht es auf der Nationalstraße 3 nach Norden, um danach über Piste 1 zur Punta Tombo, einem Naturreservat für Magellan Pinguine, zurück zu rollen. Die Punta Tombo weist die weltweit größte Kolonie der Magellan Pinguine auf. Wenn die Jungen geschlüpft sind, leben dort bis zu einer Million dieser liebenswerten Tiere. Sie sind klein, etwa 50-60 cm groß und wiegen 5 Kg. Als besondere Charakteristika gilt der schwarz-weiße Kopf und ein weißer Streifen oberhalb der Brust. Sie brüten in Kolonien und legen 1-2 Eier, die in etwa 33 Tagen ausgebrütet werden. Die Eltern wechseln sich mit der Aufzucht ab. Erst nachdem den Jungen ein Federkleid gewachsen ist werden sie flügge. Die Pinguine können 200-300 Kilometer aus der Bucht schwimmen und tauchen 20-40 m tief. Zur Ernährung geht jeweils ein Partner ins Wasser und frißt Meerestiere. Nach der Brut trennen sich die Paare, um sich im nächsten Jahr wieder gemeinsam einzufinden. Feinde sind Seelöwen, Robben und der Petrell (Sturmvogel). Den Winter verbringen sie in den südlichen Gewässern Brasiliens.
Wie immer hat alles Schlechte auch etwas Gutes. Zu der späten Tageszeit, hatten wir Punta Tombo ganz für uns alleine und konnten das liebenswerte Treiben in aller Ruhe verfolgen. Einer dieser neugierigen, lustigen Frackträger versuchte doch tatsächlich Mathias einen Schnürsenkel zu rauben. Die Pinguine so nah zu erleben, damit hatten wir nicht gerechnet und verlassen zufrieden mit dem Erlebten wieder Punta Tombo. Noch einmal liegen 170 km nach Puerto Madryn vor uns. Mit Alfredo kehren wir in ein Steakhouse ein und genießen ein phantastisches Filet nach diesem turbulenten Tag.
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Sonntag – 21. November
von Puerto Madryn nach Punta Delgada

Die Halbinsel Valdes ist mit dem Festland durch eine schmale Landzunge verbunden. Sie umfaßt eine Größe von 3.625 qkm, Länge 60 km, 90 km breit, 1.000 km Küste. Sie ist eine flache Halbwüste und steht komplett unter Schutz (Weltnaturerbe). Ein Kartograph namens Valdes hat die Insel vermessen und katalogisiert, daher erhielt sie ihren Namen. Von Mai bis Dezember kommen die Wale, um in der Bucht ihre Jungen zu gebären und aufzuziehen. Es sind überwiegend Glattwale, die zu der Familie der Bartwale gehören. Die Weibchen sind bis zu 16 m lang, wiegen 40-50 t und ihre Speckschicht ist bis zu 50 cm dick. In der Bucht fressen sie nicht (kein Krill vorhanden), sondern leben von ihren Fettreserven. Die Weibchen kommen nur alle drei Jahre in die Bucht, ein Jahr sind sie trächtig, 1,5 Jahre ziehen sie die Jungen auf. Das Junge wird mit dem Schwanz voraus geboren, um möglichst lange mit der Mutter verbunden zu bleiben. Es ist 8-9 m lang und wiegt bereits 8-9 Tonnen. Es wird umgehend nach der Geburt von der Mutter zum Atmen nach oben gebracht. Es trinkt 200 Liter Muttermilch pro Tag, die einen Fettgehalt von 5 % hat, wächst täglich um 3 cm und nimmt 100 kg zu. Die Größe des Kopfes beträgt etwa ein Viertel der gesamten Körpergröße. Nach der Zeit in der Bucht kehren die Tiere zum Nordpol zurück.
Von Puerto Piramidis stechen wir mit dem Boot in See. Es ist ziemlich stürmisch und entsprechend hoch ist der Wellengang. Eine ziemlich nasse Angelegenheit und fast alle flüchten erst einmal in die enge Kabine. Mathias sitzt jedoch etwas geschützt, direkt am Bug und die See spritzt kräftig über mich hinweg. Große Freude und natürlich Fotofiber bricht aus, als die ersten Tiere gesichtet werden. Im Jahre 2003 zählte man 750 Tiere. Heute gibt es nur noch etwa über 4.000 ihrer Art. Immer wieder tauchen Wale zum Atmen auf und kreisen um unser Boot. Nach 1 ¼ Stunde kehren wir zurück, doch wir sind zufrieden.
In der Nachbarbucht treffen wir auf Seelöwen und See-Elefanten, die sich durch ihre Größe und die Art ihrer Fortbewegung unterscheiden. Sie kommen ebenfalls nach Valdes, um ihre Jungen an Land zu gebären. Wird ein Weibchen zu früh wieder befruchtet, ruht das Embryo, bis die Mutter wieder ausreichend Kraft gesammelt hat. Erst danach wächst das Kleine weiter. Nun sind wir auf dem Weg zur Punta Delgada. Immer wieder treffen wir auf bisher noch unbekannte Tiere. Hier ist es der Mara, ein einheimischer Hase, der zur Familie der Meerschweinchen gehört, uns aber eher an ein kleines Känguru erinnert. Immer wieder sausen Nandus vorbei. Sie sind nur 1,10 m groß und bis zu 60 kmh schnell. Das Männchen besitzt einen Harem aus mehreren Damen. Er brütet in 30-40 Tagen die Eier aus. Ebenfalls mit einem Harem von bis zu 8 Weibchen umgibt sich der Guanaco Hengst. Für seine Herde benötigt er einen Freßplatz, Schlafplatz und Fluchtwege. Der Mensch ist der Feind der Tiere, da die Jungtiere oft in ihren Zäunen hängen bleiben.
Am Leuchtturm Punta Delgada beziehen wir unser Quartier und haben noch einmal das am Ende der Welt Gefühl. Weit geht der Blick über die Küste und die starke Brandung des Atlantiks. Durch eine Dünenlandschaft steigen wir hinab zum Strand, um das Treiben der See-Elefanten zu beobachten, die sowohl faul im Sand liegen, als auch kleine Scheingefechte austragen, um sich für die Kämpfe um die Rangordnung vorzubereiten. See-Elefanten gehören zu den besten Tauchern, die in der Natur zu finden sind. Sie können bis auf 1.500 m abtauchen und bis zu 2 Std. unter Wasser bleiben, ohne Atem zu holen.
Wir besichtigen den Leuchtturm und entdecken beim durchwandern der Grasebene ein Perlsteißhuhn. Heute dürfen wir edel a la cart zu Abend essen und wie meist, geht es dabei ziemlich lustig zu.
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Montag – 22. November
von Punta Delgada zurück nach Buenos Aires

Entlang der Ostküste fahren wir nach Norden. Perlsteißhuhn, Hase, Nandu und Mara, sie alle sind schon wieder unterwegs. Zum Abschied dürfen wir Valdes mit blauem Himmel erleben. Auf dem Lolitaweg (gesunkenes Schiff) wandern wir oberhalb der Küste auf die Landzunge zu. Wahrhaftig sehen wir noch einmal eine Walmutter mit ihrem Jungen. Ein Geier schwebt schwerelos über dem Land. Die Landzunge ist in etwa 10.000 Jahren gewachsen. Auf dem älteren Teil haben sich bereits wieder Büsche und Pflanzen angesiedelt. Es gibt auf dieser Seite Ebbe und Flut, der Unterschied beträgt 4-7 m. Immer noch finden wir etwas, das uns bisher noch nicht begegnet ist. Diesmal sind es Kakteen, sogar mit einer Blüte und Agaven. Schon das spricht für die besonderen klimatischen Bedingungen auf Valdes.
Auf der Weiterfahrt nach San Lorenzo erleben wir einen Darwin-Nandu neben uns in vollem Spurt und auch die Guanacos zeigen ein Einsehen und wenden uns endlich einmal nicht nur ihr Hinterteil auf der Flucht zu. Das Guanaco stammt vom Kamel ab und kann längere Zeit ohne Wasser auskommen. Es laufen mehrere Versuche wie man an die hochwertige Wolle gelangen kann. Ein Scheren würden die Tiere nicht überleben (Herzattacke). Lothar erzählt uns, daß Guanacos in Chile ausgekämmt werden. Diese Arbeit bleibt den Indios vorbehalten, die die Wolle ebenfalls vermarkten dürfen. Ein kg Wolle kostet 100 $. Eine Gruppe schöner Pferde kreuzt die Piste. Nur das Leitpferd trägt eine Glocke, die anderen Tiere folgen bedingungslos. Nur dieses Leitpferd wird von den Gauchos ausgebildet.
Barbecue auf der Estancia San Lorenzo, bevor wir mit dem Rangerover zur Bucht hinunter fahren, um noch einmal unsere Freunde, die niedlichen Pinguine, zu beobachten. Entspannt sitzen wir auf der Bank und schauen dem possierlichen Treiben zu. Nun haben wir Valdes auch noch im Sonnenschein erleben dürfen, der die Farben des Himmels und des Ozeans leuchten läßt. Um 15 Uhr wird es ernst und wir rollen an, um den Flughafen von Trelew zu erreichen. Auf dem Weg dorthin treffen wir noch eine Gruppe Felsensittiche. Von Alfredo, Roswita und Litto werden wir herzlich verabschiedet. Sie bedanken sich für unseren Besuch in Argentinien, das sichert ihre Arbeitsplätze und mehr Wohlstand für einige Menschen im Land. Wir bedanken uns für sicheres Geleit, wundervolle Erlebnisse und unvergessliche Eindrücke. Pünktlich landen wir in Buenos Aires und schauen im Anflug auf die Millionen Lichter der nächtlichen Stadt.
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Dienstag und Mittwoch – 23. und 24. November
von Buenos Aires nach Deutschland

Viel anstellen können wir heute nicht mehr. Bereits um 11 Uhr werden wir abgeholt. So dürfen wir uns heute Zeit nehmen das Salz und den Sand Patagoniens von der Haut abzuspülen und das Frühstück wieder einmal in Ruhe zu verzehren.
Wir unternehmen einen letzten Spaziergang durch die quirlige Metropole auf der Suche nach einigen Souvenirs, bevor es dann endgültig heißt, Abschied zunehmen von Argentinien – einem beeindruckenden Land, mit erhabener Natur, unendlicher Weite und Stille, liebenswerten Tieren, und nicht zuletzt von seinen freundlichen Menschen.
Wir durften hier drei herrliche Wochen verbringen, die einen festen Platz in unseren Herzen erhalten werden. Vor uns liegt noch einmal eine eher ungemütliche Nacht – diesmal aber werden wir träumen können von den wundervollen Erlebnissen in Patagonien.
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